- 11. 9. Dienstag
- Nachdem die Visa im letzten Moment doch noch eingetroffen sind,
legen Terroristen den Flugverkehr in und nach USA auf Tage hinaus
lahm. Der ursprüngliche Plan der Charivari Jazzband, am 13.
und 14.9 hin zu fliegen, ist damit Makulatur. Die folgenden Tage
stehen im Zeichen intensiver Diskussionen, ob man überhaupt noch
fliegen soll und inständiger Bitten ihrer amerikanischen Freunde,
trotzdem und gerade jetzt zu kommen.
- 19.9. Mittwoch,
München - Philadelphia - Cincinnati - Dublin
-
Bayrischer
Trotz siegt über alle Bedenken. Zwar ohne Taschenmesser, aber
immerhin mit Instrumenten besteigt die Band um 12:15 den Flug
US15 nach
Philadelphia
und genießt den Merlot von
Sutter Home. Anders als geplant, geht es nicht nach Columbus,
sondern
mit Chautauqua Airlines
Airlines weiter zum
Cincinnati-Northern Kentucky International Airport, was die
Gelegenheit eröffnet, auch noch den Cabernet-Sauvignon zu verkosten.
In Cincinnati wartet trotz später Stunde (etwa 22 Uhr Ortszeit) ein
illustres
Empfangskomitee, verfrachtet das mehr oder minder laut
schnarchende Bündel Münchner Musiker über die I71 nach Columbus und
verteilt es auf Betten bei
Mike,
Tom und im
Cross Country Inn.
- 20.9. Donnerstag, Columbus, OH
-
Zur
Pflege des Jet Lag bleibt wenig Zeit, für den Abend steht die
10-Jahrfeier der Toll House Jazz Band im
Heritage Golf Club an. Derweilen kauft die Charivari Jazzband
allerlei wichtige Dinge für die kommenden Tage ein, darunter auch
ein günstiges Angebot Sutter Home Merlot. Am Abend werden Reden
geschwungen, eine bayrische Fahne
überreicht und nicht zuletzt - zusammen mit etlichen Einsteigern
- reichlich Musik gemacht.
- 21.9, Freitag,
Dublin - Strongsville
- Schon am Mittag verteilt sich die Charivari Jazzband auf
Mikes zwei Autos und macht sich auf den Weg über die
Interstate 71 in Richtung
Cleveland. Gerhard hat die Ehre, Mikes alten Toyota zu chauffieren,
was erhebliche Pflichten nach sich zieht, als der hintere linke
Reifen platzt. Doch er bringt nicht nur das Fahrzeug sicher zum
Stehen sondern hat den Reifen bereits gewechselt, als Mike endlich
eintrifft. An dieser Stelle herzlichen Dank an den unbekannten
Trucker, der sofort stoppte und sein Handy zur Verfügung stellte.
Folgender danach statt findender Dialog ist verbürgt:
-
Mike: "I should not have given my car to a banjo player".
Gerhard: "I should not have taken a banjo players car".
- Am Abend dann die ersten beiden Auftritte der Charivari
Jazzband auf dem
Earlyjas
Fall Festival, erst in der Bar dann im Ballsaal des
Holiday Inn
Hotels. Derweilen kauft Mike einen neuen Reifen, so ganz traut er
seinem Banjokollegen offenbar nicht. Herausragendes oder sagen wir
mal unvergessenes Event der mitternächtlichen Jam Session ist der
gleichzeitige Auftritt von 7 (in Worten: sieben) Posaunisten.
- 22.9. Samstag,
Strongsville
- Dieser Tag gehört voll dem Festival. Für sonstige Vergnügungen
bleibt heute keine Zeit. Auf zwei Bühnen treten den ganzen Tag über
8 Bands im Wechsel auf. Die Charivari Jazzband erspielt sich
standing ovations des Publikums (COHJS
Newsletter). Favoriten der Münchner Musiker sind andererseits
die Frisco Jazz Band aus Kalifornien (mit Jim Barrett am
Banjo) sowie die Buffalo Ridge Jazz Band aus Cincinnati.
- 23.9. Sonntag, Strongsville -
Dublin
-
Um
11 Uhr spielt die Band noch mal zum Frühschoppen auf. Danach kurzes
Resumé in der Bar, denn MüSo muss gleich heim fliegen. Der Rest
fährt gemütlich und ohne Reifenpannen zurück nach Dublin, wo unter
Leitung von M.C. Katrin in Mikes Haus eine große
Abschiedsfeier mit den Musikern der Toll House Jazz Band
und der Charivari Jazzband startet.
- 24.9. Montag, Columbus -
Beckley, WV
-
Wie
schon vor drei Jahren gönnt sich die Band nach den anstrengenden
Auftritten eine Woche Urlaub. Katrin, Christian und Ulla starten mit
Mike und Linda in Richtung Florida. Gegen Mittag erscheinen Poldi
und Manfred in einem Chevrolet Kleinbus, laden Rolf und Gerhard ein
und machen sich auf den Weg in die Heimat des Jazz, nach New
Orleans. Dieser führt an diesem Tag noch unter Umgehung
gebührenpflichtiger Highways und einiger Verkehrsregeln bis nach
Beckley in
West Virginia wo es kräftig regnet. Dafür wird Rolf beim
Abendessen von einer bebrillten Kellnerin verwöhnt. Der Abend endet
im Motelzimmer, bei einigen Zahnputzbechern Zinfandel White, den der
gute Tom - er sei gepriesen - in weiser Voraussicht eingepackt
hatte.
- 25.9. Dienstag, Beckley -
Boone, NC
- Erst mal Einkaufen wichtiger Utensilien, wie z.B. Trinkbecher,
im riesigen Walmart. Der im Rand
McNally Atlas verzeichnete
Lookout am New River Gorge kostet nur Zeit, welche speedy Poldi auf
der I77 wieder reinfährt,
die für einige Meilen durch
Virginia
führt. Somit bleibt Zeit, auf dem Aussichtsturm des
Big Walker Lookout
Schwindelfreiheit und Kondition zu beweisen. Kurz nach der Grenze
geht es für die nächsten zwei Tage auf den
Blue Ridge Parkway durch
North
Carolina. Als eine von der Nationalparkverwaltung betreute Straße
ist er reich an Aussichtspunkten, Murmeltieren und Rotwild, aber arm
an Restaurants oder gar Hotels. Darum begibt sich die Münchner
Expedition gen Abend hungrig und müde in das Städtchen Boone und
dortselbst in das
Greene
Motel. Das örtliche American Italian Restaurant macht ein gutes
Geschäft und der Abend endet im Motelzimmer, diesmal bei Sutter Home
Cabernet Sauvignon aus den eigenen Vorräten und Bechern.
- 26.9. Mittwoch, Boone -
Waynesville,
NC
- Das Frühstück beim McDonald's um die Ecke ist wie gestern, also
.
Weil's am Vorabend schon zu dunkel war, geht es noch mal zum
Moses H. Cone
Memorial Park, einem feudalen Herrensitz, den sich ein Lieferant
von Jeansstoffen um 1900 bauen ließ. Eine der freundlichen Ladies,
die im Artisan Center Schmuck und Handwerk aus den
Appalachen verkaufen, ist sogar aus Erding! Etliche Kurven,
Lookouts, Hirsche und Wasserfälle später bestaunt man auf dem
höchsten Punkt östlich des Mississippi, dem
Mt
Mitchell das nicht zu übersehende Waldsterben und wirft aus der
Ferne einen Blick auf den
Looking
Glass Rock. Das Städtchen Waynesville, in das die Münchner
Truppe abends einfällt, ist ziemlich ausgestorben. Der Portier des
Oak Park
Motels, ein 74-jähriger Ungarndeutscher weiß auch den Grund:
hier leben vorwiegend Rentner, die vor der Jahrhundertkälte dieses
Septembers fluchtartig nach Florida ausrückten. Die robusten Bayern
schert das wenig und der Abend endet wie gehabt bei einem Gläschen
Sutter Home, heute mal der Merlot.
- 27.9. Donnerstag, Waynesville -
Columbia, TN
- Der Blue
Ridge Parkway verabschiedet sich mit Nebelbänken über dem
Cherokee Reservat im Tal
und die Gruppe macht sich an die Durchquerung des
Great Smoky Mountains
Nationalparks mit einem Abstecher zum
Clingmans Dome,
genau auf der Grenze zu
Tennessee.
Nach einem kurzen Blick auf Karte und Kalender muss der gemütliche
Touristentrott fortan einer verschärften
Gangart auf der
Interstate 40 weichen. Die Country & Western Hochburg
Nashville wird lediglich durchquert und der
Natchez Trace Parkway wird
alsbald zu Gunsten der parallel verlaufenden Highway wieder
verlassen. Die heutige Etappe endet im
Richland Inn
Motel von Columbia bei einem - Sie wissen schon.
- 28.9. Freitag, Columbia -
Natchez, MS
- Dieser Tag gehört Trommler Rolf! Beim Frühstück fallen dem
bekennenden Eisenbahnfreak mehrere in einschlägige T-Shirts
gekleidete, bärtige ältere Herren auf. Weitere Nachforschungen
ergeben, dass der örtliche
Modellbahnverein
für dieses Wochenende ein nationales Treffen in seinem Freigehege
veranstaltet. Man stelle sich etwa 50 Herren (und 1 Dame) vor, die
mit glücklichem Grinsen auf laut pfeifenden, akribisch genau
nachgebauten Modelllokomotiven sitzend, ihr etwa 3 km langes,
detailgetreu gestaltetes Schienennetz in einem öffentlichen Park
befahren.
Höhepunkt des Besuchs: eine Rundfahrt für die vier Vertreter der
Charivari Jazzband.
- Gegen solche Highlights kam auch der Besuch der
Alabama Jazz Hall of Fame
in
Birmingham, Alabama nicht an. Am Abend ging es noch mal auf den
Natchez Trail Parkway und für die Nacht ins
Comfort Inn Motel in
Natchez,
bereits im Staat
Mississippi. Für die berühmte Küche des Südens war es offenbar schon
zu spät. Das einzige rund um die Uhr offene Lokal in der Nähe hieß
Hardees und erwies sich als kulinarischer Tiefpunkt der gesamten
Expedition. Konsequenter Weise endete dieser Tag auch nicht bei
einem Gläschen Sutter Home sondern bei amerikanischem Dosenbier.
- 29.9. Samstag, Natchez -
Baton Rouge, LA
- Der ganze Vormittag stand im Zeichen eines ausgiebigen Rundgangs
zu den berühmten
Antebellum
Homes wohlhabender Bürger der
Stadt, die ihren Reichtum der Arbeit ihrer Sklaven auf den
Baumwollfeldern verdankten. Von letzteren ist allerdings kaum wo die
Rede. Dafür wird die Geschichte von Mr. Stanton erzählt, der 9
Monate nach Bezug seines wunderschönen neuen
Hauses an Gelbfieber verstarb,
wogegen seine selige Witwe darin
noch 47 Jahre lebte.
- Die Melrose Plantage ist
- anders als die Antebellum Homes - der Nationalparkverwaltung
unterstellt und in einem herrlichen Park alter Bäume voller
Spanish
Moss gelegen. An der Grenze zu
Louisiana fallen die Münchner Touris im Louisiana Visitor Center
ein, lassen sich von zwei älteren Damen mit Kaffee verwöhnen und
verlassen die Stätte mit Hotelgutscheinen für New Orleans und vielen
guten Tipps. Einer davon gilt der
Rosedown Plantation, 15 Meilen weiter.
- Abends in Baton Rouge gibt es endlich kreolische Küche mit
Seafood Gumbo bei Ralph
and Kacoo's. Der gewohnte Verlauf des Abends wäre beinahe ins
Wanken geraten. Erst nach längerer Suche, u.a. in Drogerien, findet
man einen offenen
Albertson's, der nicht nur Sutter Home führt sondern auch
Tsingtao
Bier und Cola für Rolf. Zufrieden kehrt das Quartett zurück ins
Holiday Inn, wo Rolf trotz Tsingtao noch eine Kakerlake erlegt.
- 30.9. Sonntag, Baton Rouge - New Orleans,
LA
- Endlich mal von einem opulenten Frühstück gestärkt macht man
sich an den Besuch weiterer Plantagen und Herrenhäuser, darunter die
Oak Alley Plantation,
die ihren Namen wirklich zu Recht trägt. Am Nachmittag ist es dann
so weit, auf Stelzen und durch die Sümpfe am Lake Pontchartrain
führt die Straße zum Ziel der Reise, der Jazzstadt New Orleans. Der
Tipp der Ladies vom Visitor Center erweist sich als Volltreffer: das
Hotel Place d'Armes ist
eine Oase der Ruhe mitten im lebhaften
French Quarter. Der Rest des Nachmittags gehört dem Riverwalk am
Mississippiufer, wo das Riverboat
Natchez,
ein Sternwheeler, ablegt. Daneben tummeln sich Straßenmusiker,
Gaukler, Portraitmaler, allerlei schrille Typen und jede Menge
Besucher - eben Tourismus pur. Die Suche nach
authentischem Jazz gestaltet sich gar nicht so einfach. Zwar ist
das
Musikangebot erdrückend, doch die zeitgenössischen Stilarten
dominieren klar. Schließlich werden die Charivaris im
Palm Court Jazz Cafe an
der Decatur Street fündig. Bei kreolischem
Jambalaya genießt man die routinierte Unterhaltung eines
Quintetts, leider ohne Banjo, wie Gerhard moniert. Danach geht's ins
brodelnde Zentrum des French Quarter. Nachts wird die Bourbon Street
zu einer einzigen Kakophonie. Jede Kneipe versucht, mit einer
möglichst lauten Live-Band Passanten anzulocken und per
Webcam darf das die ganze Welt beobachten - Erinnert die Münchner
Musiker irgendwie ans Oktoberfest.
- 1.10. Montag, New Orleans
- Der Morgen beginnt mit continental breakfast im Innenhof des
Hotels. Danach Rundgang durchs Viertel und Besuch im Voodoo Shop. Ab
11 gibt es im Court of
Two Sisters einen Jazz Brunch. Zu erlesenen Speisen musiziert in
einem grünen Innenhof ein Trio: Klarinette, Bass und - Gerhards
Augen strahlen - eine gut spielende und ebenso aussehende
Banjospielerin. Da wäre er gern länger geblieben, doch für 14 Uhr
hat die Gruppe eine
Swamp Tour in die
Bayous bei Houma gebucht. Der
Ausflug wird freilich erst mal zum Fiasko: noch in New Orleans
findet das Team die Auffahrt zur Highway nicht und in Houma bleibt
die genaue Lage der Anlegestelle auf ewig ein Rätsel. Ein Anruf
bestätigt: das Boot ist weg. Erst im
Civic Center
wird Hilfe zuteil und die Gruppe kommt bei
Annie Miller's Sohn doch
noch zu einer Swamp Tour auf dem Black Bayou, bei der man die
Bekanntschaft etlicher
Alligatoren machen kann, die auf so schöne Namen wie "Baby",
"Heidi" oder schlicht "Tom" hören und folgsam ihr halbes Hühnchen
vom Haken holen.
- 2.10. New Orleans - München
- Ein letztes continental breakfast, dann geht es auf Umwegen zum
Flughafen, das Auto wird
abgegeben. Christian und Ulla tauchen wieder aus den Sümpfen
Floridas auf. Poldi muss sein Taschenmesser bei der Gepäckkontrolle
abliefern und nach gründlicher weiterer Befragung und Kontrolle
beginnt der Flugmarathon zurück nach München. Die US98 bringt den
German Sixpack nach
Philadelphia, dort stößt Katrin dazu und in der US14 nach
München trinken alle noch ein letztes Gläschen Sutter Home.
- 3.10. München
- 8 Uhr 30 ist es, als die US14 pünktlich in München landet.
- Der Diavortrag
- Das dicke Ende jeder Rentnerreise, den obligatorischen
Diavortrag, gibt's bei uns nicht bei Kaffee und Kuchen sondern
ganz nüchtern im Internet. Dafür ist er vertont und kann jederzeit,
ohne Ärger mit Anverwandten, verlassen werden.