- Juli 2007
- Es begann mitten auf der Straße. Eben dort, mitten im
verschlafenen Anglerparadies Fillan auf der norwegischen Insel
Hitra filmt ein Tourist aus
Litauen die Charivari Jazzband 2007 und stellt sein
Video auf Youtube ein. Dies wiederum bleibt Trompeter und
Bandleader Christian nicht lange verborgen und er schreibt den
baltischen Fan kurzer Hand an, um sich zu bedanken, bekommt aber
keine Antwort und vergisst das Ganze.
- Dezember 2007
- Evaldas, so heißt der Fan, meldet sich überraschend doch noch
und kündigt an, die Band für das jährliche Jazzfestival von Klaipėda
vorzuschlagen. Wieder geschieht eine Weile nichts, dann meldet sich
der Veranstalter und nach dem üblichen Hin und Her erscheint die
Charivari Jazzband tatsächlich neben so klingenden Namen wie
Earth Wind and Fire
oder Tower of Power im
Programm
des
15. Klaipėdos Pilies Džiazo Festivalis.
- 27.6.08 Freitag, München - Palanga - Klaipėda
- Während Christian und Ulla schon drei Tage vor Ort sind, trifft
sich der Rest der Band nebst Anhang am Morgen zum SAS Flug SK 662
nach Kopenhagen. Einige Teller Spaghetti und Biere später geht es
mit einer kleinen Maschine von Cimber Air über die Ostsee nach
Palanga. Die Maschine ist tatsächlich so klein, dass manche
Instrumente nicht in die Gepäckfächer passen und von den
Stewardessen mit unbekanntem Ziel entführt werden. Zur großen
Erleichterung der Musiker werden sie in Palanga aber wohlbehalten
wieder ausgehändigt.
Am
Flughafen, dessen provinzieller Charme sich wohltuend von den
Massenabfertigungen in München und Kopenhagen abhebt, wartet schon
Irena, die vom Festival gestellte Betreuerin, im feschen roten
Ensemble auf die Band. Die Straße nach
Palanga ist
gesäumt von Vermittlern, die private Ferienwohnungen anbieten. Die
ca. 20 km nach Klaipėda führen durch lichte Nadelwälder und laden
offenbar zum Beerensammeln ein.
Beim Einchecken im Hotel Klaipėda tauchen auch Christian und Ulla
auf und man macht sich alsbald auf einen ersten Erkundungsgang zum
Theaterplatz mit dem
Simon Dach
Denkmal und der großen Festivalbühne. Die Band lernt ihr erstes
Wort Litauisch: Švyturys - das heißt Leuchtturm und ist der Name der
örtlichen Brauerei. Nach dem
gemeinsamen Abendessen setzt ein gewaltiger Regenguss den weiteren
Entdeckungen ein jähes Ende. Evaldas wird feierlich zum Bandmitglied
ehrenhalber ernannt.
- 28.6.08 Samstag, Kretinga
-
Trotz
der Zeitverschiebung von einer Stunde sind die meisten Charivaris
schon um 8 Uhr beim Frühstück. Die Abfahrt zum ersten Auftritt ist
erst für 17 Uhr vorgesehen, also bleibt fast ein Tag Zeit für einen
Ausflug auf die
kurische
Nehrung oder Besichtigungen in Klaipėda.
Alle sind pünktlich zurück und um 17 Uhr verfrachtet Irena die Band
in zwei Privatfahrzeuge für die 25 km
Fahrt ins benachbarte
Kretinga. Vor
dem dortigen
Franziskanerkloster soll der Auftritt der Charivari Jazzband
stattfinden. Der verschiebt sich aber erst mal um etliche Minuten,
da das Ende der gerade laufenden Messe abgewartet werden muss. Das
wiederum erweist sich als gute Entscheidung, da nun deren Besucher
die bis dahin recht leeren Stuhlreihen füllen und sich als munteres
und kältefestes Publikum zeigen, das bei Everybody loves
saturday Night kräftig mitsingt.
Nicht
minder kräftig erschallt der Chor der
Krähen vom Kirchendach, die sich heftig über die Störung unter
ihren Schlafbäumen beschweren. In der Band beschwert sich auch
einer, unser Poldi, dessen Leihbass aus der Klosterschule neben drei
Darmsaiten mit einem Stahlseil aufwarten kann...
Die Rückfahrt erfolgt in Fahrzeugen des Klosters. Die Patres am
Steuer pflegen einen durchaus weltlichen Fahrstil, der sich zudem
durch ein berufsbedingtes, gesundes Gottvertrauen auszeichnet.
Zurück in Klaipėda bleibt nach dem gemeinsamen Abendessen noch genug
Zeit, auf der großen
Bühne am Theaterplatz dem
JoJo
Mayer-Trio zuzuhören, dessen rhythmische Finessen für einige
Diskussionen unter den Charivaris sorgen.
- 29.6.08 Sonntag, Klaipėda
- Am Vormittag schwärmen die Fotografen der Band nochmal aus. Das
Ziel heute: der alte
Hafen und daneben die
Ausgrabungen der
mittelalterlichen Burganlage. Mittags beginnt für die
Charivari Jazzband der Soundcheck auf der großen Bühne am
Theaterplatz. Die Technik ist vom Feinsten, der Bass ist heute
einwandfrei und die Tonleute machen einen sehr professionellen
Eindruck. Jeder Musiker bekommt einen Wunschmix auf seinen Monitor,
trotzdem sehen die Amateure - angesichts der riesigen
Lautsprechertürme - dem Auftritt mit etwas Unbehagen entgegen. Für
die Profis von Earth Wind and Fire ist das alles natürlich
Routine, entsprechend locker blödeln sie dann auch auf der Bühne
rum. Die Burschen sind einfach gut drauf!
Weil's
grade nicht regnet und bis zum Auftritt um 20 Uhr noch Zeit bleibt,
schwärmen die Münchner noch mal zu weiteren Fotos und Cappuccini in
die Stadt aus.
Gegen 19 Uhr, nach kurzem Regenintermezzo, treffen sich alle an der
Bühne und hören der NATO
Bigband zu, die sich aus Profis von den diversen Musikcorps der
NATO Mitglieder zusammensetzt. Den größten Beifall erntet der
griechische Gitarrist, als er zum
Bouzouki greift. Das junge Publikum tanzt enthusiastisch mit.
Angesichts solcher Begeisterung verflüchtigen sich alle Bedenken der
Charivaris. Als Christian auch noch den Faden vom 50m entfernten
Denkmal Simon Dachs über
Ännchen
von Tharau zum eigens für Klaipeda geschriebenen Arrangement der
Band knüpft, sind die Zuhörer gewonnen. Freund Evaldas hält den
Moment (und ein gut gelungenes Panama) wieder mal im Video fest.
Später im Jazzclub gibt's von einer jungen (und hübschen) Dame ein
nettes Kompliment für die alten Säcke aus Bayern: die Band habe zu
ihrer Überraschung ausgesprochen 'energetic' gespielt.
Die
Charivari Jazzband zieht sich jedoch erst mal zum Abendessen zurück
und verfolgt dortselbst am Fernseher das Endspiel um die
Fußball-Europameisterschaft. Beim Stande von 1:0 für die Spanier
und wenig Aussicht auf Besserung gibt man allerdings gerne dem
Showauftritt der Earth Wind and Fire Experience den Vorzug. Irena
verabschiedet sich von 'ihrer' Band, die sich wiederum herzlich bei
ihr für die hervorragende Betreuung bedankt. Ab Mitternacht sind
dann die Charivaris noch mal dran - im Jazzclub
Kurpiai
eröffnet die Münchner Expedition die Jam Session, an der sich nach
und nach erst zwei litauische Saxofonisten und dann der Posaunist
und Trompeter von Earth Wind and Fire beteiligen. Als dann auch noch
der Saxofonsolist, ein Bassist und Gitarrist auftauchen, überlassen
die Amateure den Profis gerne die Bühne.
- 30.6.08 Montag, Palanga - München
-
Während
Christian, Ulla, Manfred und Birgit mit ihren Mietautos noch ein
paar Tage in Litauen dranhängen wollen, macht sich der Rest auf zum
Hafen, wo seit heute ein riesiges
Kreuzfahrtschiff vor Anker liegt. Nachdem auch die letzten Litas
in Cappuccino, Postkarten und Mitbringsel investiert sind, werden
die vier am
Flughafen abgesetzt, wo es pünktlich zum Abschied wieder zu
regnen beginnt. Die Instrumente werden den Flugbegleiterinnen
diesmal ohne Argwohn anvertraut, die Pizza in Kopenhagen und das
Carlsberg schmecken wie gewohnt und um 19 Uhr 40 hat München seine
Reisejazzer wieder.
Das Arrangement und die Story zu Ännchen von Tharau dürften ab
sofort zum festen Repertoire der Band gehören.
- Fotos
- Hier gibt es noch ein paar
Dias vom Ausflug.
- Die Videos vom Auftritt
-
Ännchen von Tharau
Panama